Stell dir vor, du lernst jemanden kennen, der dich fasziniert und in dessen Nähe du dich wohlfühlst – doch plötzlich zieht er sich zurück.
Deine Nachrichten bleiben unbeantwortet, gemeinsame Pläne werden vage, und du fragst dich, ob du etwas falsch gemacht hast.
Dieses mysteriöse Verhalten hat manchmal mehr mit inneren Ängsten als mit Desinteresse zu tun.
Bindungsängstler leben in einem absoluten Wechselspiel aus Nähe und Distanz.
Funkstille wird für sie zum Schutzschild, das sie einsetzen, wenn ihnen eine Beziehung zu nah und intensiv erscheint. Doch was genau steckt hinter diesem Verhalten, und wie solltest du damit umgehen?
Schauen wir uns das doch mal genauer an!
Das Wichtigste in aller Kürzer zu Funkstille bei Bindungsangst!
Funkstille als Schutzmechanismus: Menschen mit Bindungsangst nutzen Funkstille oft als Mittel, um sich vor emotionaler Überforderung zu schützen. Wenn eine Beziehung zu intensiv wird, ziehen sie sich zurück, um eine innere Panik und Druck abzubauen.
Typische Trigger für Bindungsangst: Auslöser für Funkstille sind entweder „zu viel Nähe“ (z.B. häufiger Kontakt oder zu enge Pläne) oder „zu wenig Nähe“ (z.B. vermeintliche Zurückweisung oder fehlende Antworten). Beide Extreme verstärken die Bindungsangst und führen zum Rückzug.
Widersprüchliches Verhalten: Bindungsängstliche Menschen wechseln oft zwischen Nähe und Distanz, was zu Unsicherheit beim Partner führen kann. Dieser Wechsel ist nicht zwangsläufig ein Zeichen für Desinteresse, sondern ein innerer Konflikt der betroffenen Person.
Selbstreflexion und Verständnis für Trigger: Es ist hilfreich, das eigene Verhalten zu reflektieren und zu verstehen, ob man unbewusst die Bindungsangst-Triggert. Gleichzeitig sollte man sich bewusst machen, dass Bindungsangst meist nichts mit einem selbst zu tun hat und eher aus den Erfahrungen der anderen Person stammt.
Umgang mit Funkstille: Reagieren sollte man abhängig vom Auslöser der Funkstille. Bei „zu viel Nähe“ ist Abstand wichtig, während bei „zu wenig Nähe“ eine Kontaktaufnahme sinnvoll sein kann. So gibt man dem Bindungsängstler den nötigen Raum, ohne die Funkstille zu verschärfen.
Funkstille bei Bindungsangst: Warum kommt es überhaupt dazu?
Bindungsangst und Funkstille gehen meist Hand in Hand.
Denn Bindungsangst ist eine Art Schutzmechanismus, der aufgrund vorheriger schmerzhafter Erfahrungen entstanden ist.
Die Bindungsangst ist also genau genommen eine Angst, erneut so einen Schmerz durchlaufen zu müssen.
Daher werden innige Bindungen als bedrohlich empfunden und vermieden, umso das Risiko, erneut verletzt zu werden, zu minimieren.
Kommt der Bindungsängstler dann dennoch in eine Situation, in welcher sich eine tiefe emotionale Bindung andeutet, so schlägt das innere System schnell Alarm und die Bindungsangst wird aktiv.
Das heißt, der Bindungsängstler fühlt sich überfordert und unter Druck, oft kommt auch Panik auf.
Als Folge flüchtet der Bindungsängstler, um der Situation zu entgehen und so den negativen Gefühlszustand wieder abzuschwächen.
Und hier sind wir schon bei der Funkstille angekommen.
Die Funkstille wirkt also als kurzzeitiges „Heilmittel“, um die negativen Gefühle abzubauen.
Wie zeigt sich Bindungsangst?
Bindungsängstliche Menschen wünschen sich zwar Nähe, fühlen sich aber schnell bedroht, wenn Beziehungen zu intensiv werden.
Daher halten sie emotionale Distanz, vermeiden oft tiefgründige Gespräche und zeigen immer wieder ein sehr widersprüchliches Verhalten, wie Interesse und Rückzug im Wechsel.
Das heißt zum Beispiel, mal will er dich unbedingt sehen, sieht dir verliebt in die Augen und kann die Finger nicht von dir lassen und im nächsten Moment ist er nicht erreichbar und antwortet dir länger nicht.
Der Kontakt mit einem Bindungsängstler ist also eine wahre Achterbahn der Gefühle.
Auch Zukunftsplanungen bleiben vage, das heißt, ein Bindungsängstler hat Probleme den nächsten Urlaub mit dir zu buchen oder einem gemeinsamen, zukünftigen Familienfest zuzustimmen.
Außerdem haben Bindungsängstler oft überhöhte Standards, suchen Fehler im Gegenüber und vermeiden Abhängigkeit, um die eigene Unabhängigkeit zu bewahren.
Du siehst also, Bindungsangst zeigt sich vor allem durch ein starkes Hin und Her im Kontakt und fehlende bzw. nur kurze Momente der emotionalen Tiefe.
>>> Mehr zu den typischen Symptomen bei Bindungsangst findest du auch in diesem Blogbeitrag!
Was triggert Bindungsangst und kann so zu Funkstille führen?
In diesem Zusammenhang müssen wir uns mit den so genannten Bindungsangst-Triggern näher befassen.
Ein Bindungsangst-Trigger ist alles, was im Betroffenen akut die Gefühle der Bindungsangst, also Überforderung, Panik, Druck auslöst.
Das kann von Verhaltensweisen oder spezifische Worte einer anderen Person über eigene Sinneseindrücke und Gedanken gehen.
Bei den Triggern können wir 2 Kategorien unterscheiden.
#1 Alles, was „zu viel“ ist. Hast du zum Beispiel mehrmals in Folge angerufen oder mehrere Nachrichten hintereinander gesendet oder aber habt ihr euch sehr oft in kurzer Zeit gesehen, so kann das zu viel Kontakt auf einmal für den Bindungsängstler sein.
Auch das Umfeld vom Bindungsängstler kann triggern: hat er zum Beispiel Stress in der Arbeit oder mit Freunden, so kann auch das die Bindungsangst triggern (weil dadurch die Hemmschwelle für Überforderung sehr gering ist).
#2 Alles, was „zu wenig“ ist. Hierzu zählt alles, was in Richtung Zurückweisung geht. Das kann sowohl aktiv, beispielsweise durch verletzende Worte oder Verhaltensweisen sein, als auch passiv, beispielsweise durch zu wenig Kontakt, fehlende Antworten usw.
Was es bedeutet, wenn sich ein Bindungsängstler zurückzieht
Bindungsängstler ziehen sich immer wieder mal aus dem Kontakt zurück.
Doch was bedeutet das nun konkret?
Ist generell kein Interesse mehr vorhanden?
Oder liegt es an dir?
Genau das schauen wir uns jetzt genauer an!
Bist du schuld, dass Funkstille herrscht?
Vielleicht denkst du dir gerade:
„Mein Verhalten hat offensichtlich dazu geführt, dass nun Funkstille herrscht. Da bin ich ja schuld?“
Aber ist das wirklich so?
Gerade hast du bereits die Bindungsangst-Trigger kennengelernt.
Dabei hast du auch erfahren, dass gewisse Verhaltensweisen von dir, wie beispielsweise viele Nachrichten auf einmal, die Bindungsangst triggern können, was in der Folge dann schnell zu Funkstille führt.
Es ist also durchaus sinnvoll, zu reflektieren, wie du dich vor der Funkstille verhalten hast.
Stellst du dabei fest, dass du tatsächlich stark geklammert hast, ist es durchaus sinnvoll, zu überlegen, woher das Verhalten bei dir kommt und ob das möglicherweise mit deinem eigenen (ängstlichen) Bindungsstil zusammenhängt.
Hierzu kannst du auch unseren Test machen, um deinen Bindungstyp herauszufinden – klick!
Achte auch selber auf eine gute Abgrenzung!
Neben der eigenen Reflexion ist es jedoch genauso wichtig, dich abzugrenzen.
Mache dir also folgendes bewusst:
Dass dein Schwarm an Bindungsangst leidet, hat nichts mit dir zu tun.
Das hast du nicht verursacht.
Du kannst einem Bindungsängstler nicht alleine die Angst vor einer Beziehung nehmen, er muss da auch selber was dazu beitragen.
Ein Mensch der sicher gebunden ist, würde auf viel Kontakt mit dir wahrscheinlich nicht direkt mit Funkstille reagieren.
Bei einer Person mit Bindungsangst fällt die Reaktion jedoch immer extremer aus. Und das liegt im Betroffenen selbst und ist nicht deine Schuld.
Ist Funkstille bei Bindungsängstlern ein Zeichen von Desinteresse?
Kommen wir nun zu einer sehr häufig gestellten Frage:
Ist Funkstille bei Bindungsängstlern ein Zeichen von Desinteresse oder dass keine Gefühle mehr vorhanden sind?
Um dich direkt zu beruhigen:
Nein, nicht unbedingt!
Die Funkstille ist bei einem Bindungsängstler ein gelernter „Umgangsmechanismus“.
Das heißt, der Bindungsängstler hat gelernt, dass das negative Gefühl, welches bei emotionaler Nähe entsteht, durch Abstand wieder abflacht.
Das bedeutet also nicht, dass die Funkstille automatisch ein Zeichen von Desinteresse ist.
Es liegt vielmehr an diesem „Umgangsmechanismus“. Denn sobald beim Bindungsängstler Entspannung einsetzt (die er ja durch Abstand bekommen kann), so kann sich folglich wieder ein Bedürfnis nach Nähe zeigen.
Um die Funkstille besser einordnen zu können hilft es, dir Folgendes anzusehen:
Wie lange dauert die Funkstille und meldet sich der Bindungsängstler wieder von sich aus?
Kommen solche Phasen der Funkstille immer wieder oder wird es mit der Zeit weniger?
Dauert eine Funkstille sehr lange an und dein Schwarm meldet sich auch nach längerer Zeit nicht von selbst wieder, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass keine Gefühle oder kein Interesse dahintersteckt.
Funkstille bei Bindungsangst: Wie du dich nun am besten verhältst
Schauen wir uns nun an, was du am besten tun kannst.
Und oft stellt sich auch heraus, dass dein eigener Bindungstyp eine Rolle spielt.
Aber eins nach dem anderen.
Beginnen wir mal damit, was die Funkstille beim Bindungsängstler überhaupt ausgelöst hast.
Greifen wir dazu wieder das Konzept der Bindungsangst-Trigger auf.
Woher kommt die Funkstille?
Es ist sinnvoll, für dich genauer zu überlegen, was vor der Funkstille passiert ist.
Gab es ein besonderes Ereignis?
Kam die Funkstille aus dem „Nichts“?
Wie hast du dich zuvor verhalten?
All das kann dir Aufschluss über bestimmte Muster und Dynamiken geben, die dir helfen können, dich selbst und auch den Bindungsängstler besser zu verstehen.
Als Nächstes kannst du überlegen, ob es sinnvoll ist, dich nach einer gewissen Zeit der Funkstille selbst zu melden.
Dazu müssen wir wieder zwischen den beiden Trigger-Kategorien unterscheiden.
Es gab den Trigger „zu viel Kontakt.“
Du hast dem Bindungsängstler also beispielsweise häufig geschrieben vor der Funkstille oder wolltest ihn deinen Eltern vorstellen.
In diesem Fall ist es besser, dich erstmal nicht zu melden. Die Funkstille darf hier auch durchaus etwas länger dauern.
Der Trigger fällt in die Kategorie Zurückweisung.
Dann ist es durchaus überlegenswert, ob du dich zuerst wieder meldest.
Denn die Zurückweisung als Trigger hat Unsicherheiten im Bindungsängstler ausgelöst. Möglicherweise hatte er den Eindruck, du bist nicht interessiert.
In diesem Fall ist es sinnvoll, durch eine aktive Kontaktaufnahme zu signalisieren, dass du noch da bist und Interesse hast.
Achte auch auf deinen Bindungsstil!
Welcher Trigger bei euch eher vorkommt, hängt auch damit zusammen, welchen eigenen Bindungsstil du hast.
Tendierst du eher zum Nachlaufen, Klammern und sehr starkem Kontakt suchen, so ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass du einen ängstlichen Bindungsstil hast.
Bei diesem Bindungsstil ist das Bedürfnis nach Nähe grundsätzlich sehr groß und es besteht eine starke Angst vor Zurückweisung.
Der eigene Selbstwert wird durch den potenziellen Partner stabilisiert, wodurch der ständige Versuch, die Beziehung zu erhalten, aufkommt.
Das heißt, der ängstliche Bindungstyp versucht durch viel Kontakt und Nähe den Partner an sich zu binden und davon „abzuhalten“ sich zu entfernen.
Im Coaching kommt es aber auch immer wieder vor, dass Klienten erzählen, dass sie aus Angst, zu viel zu machen, sich schnell aus dem Kontakt ziehen oder sich lieber nicht mehr melden.
Sie sind dadurch eher passiv und geleitet von der Angst, zu aufdringlich zu sein. In diesem Fall stellt sich häufig heraus, dass der Klient selbst auch im vermeidenden Bindungsstil angesiedelt ist.
Dadurch treffen also zwei vermeidende Bindungsstile aufeinander (im Extremfall Bindungsängstler auf Bindungsängstler), die sich immer wieder abstoßen und durch gegenseitige Zurückweisungen triggern.
Das führt dann dazu, dass es zu einer langen Funkstille kommt, weil sich keiner traut, sich zuerst zu melden.
Das heißt:
Schau auch mal gerne, welchen Bindungstyp du haben könntest und ob bzw. wie dein Verhalten auch zur Funkstille beigetragen hat.
Vielleicht verstärkt ihr euch in eurem Verhalten ja sogar gegenseitig!
Nicht den eigenen Impulsen nachgeben!
Der eigene Bindungstyp bestimmt, welchen Impulsen du in einer Beziehung nachgibst und wie du dich daraufhin verhältst.
Erinnere dich, wir hatten als Kategorie ja folgende Trigger:
- zu viel Nähe oder
- zu wenig Nähe in Form einer Zurückweisung.
Zählst du dich zum ängstlichen Bindungsstil, dann wird dein Impuls sein, weiter in den Kontakt zu gehen.
Du möchtest den Bindungsängstler am liebsten direkt wieder anschreiben, anrufen oder sogar bei ihm vor der Tür auftauchen.
Das wird beim Bindungsängstler aber leider dazu führen, dass er sich nur noch weiter entfernt, weil die Funkstille ja ein Versuch ist, im Abstand die negativen Gefühle zu regulieren.
Zählst du eher zum vermeidenden Bindungsstil so wird dein Impuls sein, selbst auch auf Abstand zu gehen und sogar vielleicht noch in einem extremeren Maß als der andere.
Vielleicht willst du direkt die Nummer löschen oder ihn blockieren.
Doch Achtung:
Auch das ist kontraproduktiv, denn so findet ihr euch schnell in einer Situation wieder, in welcher keiner auf den Anderen zugeht und die Funkstille tatsächlich auf ewig bestehen bleibt.
Als lose Grundregel gilt also:
Mach keinesfalls das mehr (oder extremer), was vor der Funkstille als Trigger vorgefallen ist!
Was du tun kannst: Sollst du dich selber wieder melden?
Die Frage, ob du dich nun wieder melden sollst, hängt also maßgeblich davon ab, welcher Trigger die Funkstille vorangegangen ist.
War es ein Trigger aus der Kategorie „zu viel Nähe“, ist Abstand gerade das absolut Wichtigste.
Es ist also vorerst nicht notwendig, dich selbst erneut zu melden, weil:
Hat zu viel Nähe die Bindungsangst getriggert, braucht es jetzt das genaue Gegenteil.
Es braucht dann genau die Funkstille, sodass das Gefühl der Bindungsangst wieder schwächer wird.
Nur so kann sich der Bindungsängstler wieder beruhigen und das darunterliegende Bedürfnis nach Kontakt und Nähe kann wieder aufkommen.
Wie lange du den Bindungsängstler dann in Ruhe lassen solltest, sehen wir uns gleich noch genauer an.
War der vorangegangene Trigger jedoch aus der Kategorie „Zurückweisung“ ist es durchaus sinnvoll, dich erneut von dir aus zu melden.
Denn:
In diesem Fall hat ja die Zurückweisung die Bindungsangst getriggert, weil im Bindungsängstler der Eindruck entstanden ist, du würdest dich nicht richtig für ihn interessieren.
Das wiederum trifft genau den sowieso schon instabilen Selbstwert und führt zum Schutzmechanismus des Rückzugs.
In diesem Fall ist es wichtig durch eine Kontaktaufnahme zu zeigen, dass du Interesse hast, entgegen der Annahme des Bindungsängstlers.
Wie lange sollte die Funkstille dauern?
Auch hier unterscheiden wir wie eben schon nach der Art des vorangegangenen Triggers:
Bei zu viel Nähe als Trigger ist es sinnvoll, dass du dich zumindest 1 bis 2 Wochen zurückziehst und die Funkstille zulässt.
Seid ihr bereits im Frühstadium einer Beziehung orientiere dich eher an einer Woche, seid ihr noch in der Kennenlernphase so halte dich eher an die 2 Wochen.
Auch wenn Zurückweisung der Trigger war, ist es sinnvoll, dem Bindungsängstler ein paar Tage für sich zu geben, bevor du dich aktiv von dir aus wieder meldest und Interesse zeigst.
So geht’s für dich jetzt weiter!
Abschließend lässt sich sagen, dass Funkstille in Beziehungen mit einem bindungsängstlichen Partner oft kein Zeichen von Desinteresse ist, sondern ein Schutzmechanismus, um emotionale Überforderung zu vermeiden.
Bindungsangst führt zu einem ständigen Wechselspiel zwischen Nähe und Distanz, das für beide Seiten belastend sein kann.
Wenn du verstehst, welche Trigger Bindungsängste auslösen und wie du darauf reagieren kannst, kannst du der Funkstille mit mehr Gelassenheit begegnen.
Die richtige Balance zwischen Kontakt und Rückzug ist entscheidend, um eine Verbindung aufrechtzuerhalten und gleichzeitig Raum für individuelle Bedürfnisse zu lassen.
Letztendlich hilft das Verständnis für Bindungsangst nicht nur, Konflikte zu vermeiden, sondern stärkt auch das Fundament einer langfristigen und vertrauensvollen Beziehung.
Wir freuen uns, dich kennenzulernen!
Dein Coaching-Team von szenario-zwei